Warum stellst Du mir immerwährend diese Frage? Draußen spielt der Wind mit den Büschen, den Bäumen fehlen die Blätter und in mir wächst die Gewissheit, dass sich ein Jahr dem Ende zuneigt. Letztens habe ich mal wieder das Grab meiner Mühle besucht, um meine Gedanken des Jetzt mit denen der Vergangenheit zu verbinden, um Aufschluss über den bislang gegangenen Weg zu bekommen. Da wandern die Menschen gedankenlos über das Grab ohne die Magie dieses Ortes wahrnehmen zu können., weil sie nicht wissen. Ich bin vielleicht einer der letzten, nicht weil die Anderen nicht mehr da wären, eher weil sie ignorant waren, den Dingen gegenüber, die um sie herum passierten. Wahrscheinlich wird mit mir irgendwann das Wissen um diesen Ort sterben. In späterer Epoche, wenn die Asche der Zeit den nächsten Meter Boden auf die Vergangenheit gelegt hat, wird ein Baggerfahrer ein paar Steine finden und anschließend ein Archäologe nach tagelanger Recherche den sensationellen Fund der Gebeine einer alten Mühle verkünden. Menschen vergessen schnell. Es gibt zu viel an das man sich erinnern müsste.
Auch meine alten Freunde suche ich auf. Manche sind schon lange tot, wie die Pappel, die mich jeden Morgen auf dem Weg zur Schule begrüßte und mir die Sicherheit gab, dass da jemand größeres war, der auf mich aufpasste. Die Birke, sie lebt noch, muss sich weiter biegen lassen, aber in all den Jahren hat sie noch kein Wind brechen können, und sie freut sich immer wieder auf einen Besuch von mir. Ein Gedankenaustausch über die Dinge, die wir gemeinsam gesehen haben, Jahr für Jahr.
Na Moulin? Was macht die Kunst?
Ich weiß, ich schweife ab. Ich weiche aus. Einige wenige Sätze durch Konversation am letzten Wochenende, haben gereicht, ganze Massen an Wissensblöcken miteinander zu verknüpfen und zu einem Sinn zu führen. Neues Wissen belebt und fördert, besonders wenn es ganz unerwartet kommt. Etwas hat sich seit diesen Tagen der Gemeinschaftsausstellung in mir verändert. Habe jetzt einige Tage darüber nachgedacht, soweit mein Grippeinfekt das zuließ und bin zu dem Entschluss gekommen, dass ich mich in den eigenen Gedanken über das, was ich eigentlich aus Ton, künstlerisch formen wollte, wegen falscher Beurteilung einiger Dinge selbst ausgebremst habe. Ab jetzt heißt es: Zurückkehren zu mir selbst.
Was soll die Frage? "Was macht das Schreiben". Was macht ein Mensch aus einem Forum oder was macht ein Forum aus Menschen müsste es eher lauten, wollte man wirklich eine Antwort auf die Frage erwarten und sollte sie daher treffender stellen. Ja, so viel und enthusiastisch habe ich in der letzten Zeit nicht geschrieben, das gebe ich zu. Es stimmt. Zum Teil liegt das an meinen geistigen Scheuklappen, die tendenziell nicht mehrere Konzentrationspunkte gleichzeitig zulassen. Ja, Frauchen, völlig perplex anvisiert, von einem eher faul und immerwährend müde, aus meinem Lesesessel blickenden, Knopfaugen tragenden Hund, kann überraschenderweise bügeln, Radio hören, eine CD abspielen, Fern sehen, telefonieren und ein Bild malen. Alles gleichzeitig. Da enttäusche ich doch meinen vielgeliebten Hund nicht mit so einer geistigen Überforderung der eigenen Synapsen. Ich kann immer nur eine Sache gleichzeitig erledigen und die erfordert dann meine gesamte Konzentration. Das beruhigt auch den Hund, denn er hat mich ohne Anstrengung im Blick. Aber was, wenn dann etwas Unerwartetes passiert? Dann ist Flaute.
Und was war gestern Moulin?
Ach gestern. Ich weiß, was Du meinst. Da habe ich mal wieder andere Orte des Schreibens besucht und dem tapferen Schneiderlein nachgeeifert. Sieben auf einen Streich. Sieben Fliegen, sieben Beiträge, sieben Tod- Sünden.
Meine Güte, was hast Du Dir denn davon versprochen?
Ich weiß es doch nicht. Falscher Ort, falsche Zeit. Wohl habe ich in irgendeiner Form Streit gesucht, dort. Dieser merkwürdige Ort über den mir immer jemand zu verstehen gibt, das Wasser dort habe mindestens 1000° Deutsche Härte. *
Der andere Ort ? * Der, in dem sich die Menschen weit entfernt von aller Gleichartigkeit sehen wollen, und trotzdem in dieses alltägliche Jammern über Gott und die Welt verfallen? Ja das ist schnell erklärt, dort hungern scheinbar Menschen, denen ihr Gehalt so niedrig erscheint.
Wie, dort hungern Menschen?
Na dort hungern Menschen! Sie beklagen sich über ihre Hungerlöhne. So Angestellte im öffentlichen Dienst, die erklären ihren Verdienst als Hungerlohn. Ich sehe sie vor mir: Alleinstehende Angestellte im öffentlichen Dienst, kleine Wohnung für 420 € scheinbar kaum zu finanzieren, wenn man nur 1600 € verdient, vor allem das Hungerödem, dass dazu auffordert zum Maßschneider zu gehen um noch die passende Kleidung zu bekommen. Ich habe Mitleid, wenn ich sie auf der Kö treffe, denn sie wirken nicht gesund auf mich. Sie sehen nicht, was ich sehe.
Es ist viel passiert, unverhoffte Geschenke, Briefe, Liebe, Wärme, die Nachricht eines verlorenen Freundes aus dem Paradies, die mein Herz beruhigte. Ein Weihnachten, das sich deutlich von dem vergangener Jahre abhebt.
Na ja. Gestern war ein sehr erfüllter Tag, denn ich habe das Museum der Lehmbruck - Stiftung besucht, in dem zu meiner großen Freude nicht nur die gezeichneten und bildhauerischen Werke Lehmbruck ´s zu bestaunen waren, sondern auch die anderer sehr wichtiger Künstler. Vor einer Skulptur von Käthe Kollwitz zu stehen, die die ganze Ohnmächtige Wut über Gefahr einer Zeit zwischen zwei Weltriegen widerspiegelt; eine Figur, die zwei Kinder in sich zu vergraben versucht als wollte sie diese gewaltsam zurück in den Mutterleib drücken, bei aller Kraft dabei aber zärtlich liebkost, hat einen tiefen Eindruck bei mir hinterlassen. Ich habe Foto ´s gemacht, spare mir die aber an dieser Stelle, weil ich weiß, dass diese Ausdruckskraft durch eindimensionale Darstellung vollends flöten ginge. Eine weitere Figur aus italienischem Wallnuss - Holz gab es zu bestaunen. Von Ernst Barlach! Kein Abguss, kein Abdruck - von ihm selbst so behauen, wie sie dort stand. (Ich konnte nicht umhin, sie zu berühren!)
Natürlich haben mich auch die Skulpturen Lehmbruck ´s fasziniert, besonders jene aus der Zeit, in der er den starren Realismus verlassen hatte um seinem eigenen künstlerischen Schaffen einen größeren Ausdruck zu verleihen. Ich konnte viel lernen. Es hat sich gelohnt!
Sie kann sich ohnehin immer irgendwo entladen, auch wenn nicht, wie erwartet in der bildenden Sparte. Momentan habe ich meine alte Keramik-Sammlung durch einige Veränderung im Raum des Lebens, innerhalb der schützenden Wände neu integriert, aufgestellt. Seit Februar fristete sie ihr Dasein bis auf wenige Ausnahmen in Kartons. (Oder sagt man Kartonagen?) Viel gegessen habe ich, Freunde eingeladen, viel gekocht. Also Leute, wenn von Euch jemand in der Nähe ist: Ich kann kochen! Der alte Adam sagte immer, Kunst sei ganzheitlich. Sie dringt nach außen aus allen Poren. Ich kann da nur hinzufügen: 'Es muss nicht immer Kaviar sein'. Manchmal reicht ein bisschen Möbelrücken! *
Le Moulin
* (Ein in Fleisch und Blut übergegangener Begriff für das Umgestalten der Wohnung.)
Ja, im Moment arbeite ich wieder mit feuchter Erde. Habe 40 Kilo Ton angeschleppt und mache eine Statue von etwa einem Meter Höhe. Das wird sogar ziemlich leicht abstrakter Realismus, oder sollte ich besser sagen realistischer Abstraktus?
Eine neue Kunstaktion wurde gestartet und ich freue mich, daran teil zu nehmen. Künstler für Kinder heißt es.
Also holte sich der Moulin einen Hubel groben Ton und begann mit dem Formen. Inzwischen ist er fertig und ich möchte ihn hier vorstellen. Es geht ja um die Kunstaktion zu Gunsten Krebskranker Kinder. Der Backstein soll also Hoffnung geben und daher heißt er schlichtweg Leben . Der Untergrund ist ein aus grober Tonmasse handgeformter Ziegel, den ich bei 1150 ° gebacken habe. Auf der Wandung, vorne, habe ich reliefartig ein Ginkgoblatt aufgesetzt, dass ich nach einem Blatt von Erikas * Baum formte und farbig glasiert.
Nach dem Angriff mit der ersten Atombombe war nach der grenzenlosen Zerstörung die erste Pflanze, die trotz aller Hoffnungslosigkeit in neuem Leben erblühte der Ginkgo - Baum. Seit dem hat er in der Japanischen Kultur einen ganz besonderen, unermesslichen Stellenwert bekommen und symbolisiert Natur, Hoffnung und das Leben.
Die alte Welt * ist wie ein Haufen Lehm, den ich langsam und vorsichtig wie Unrat zwischen den Fingern zerbröckele um das zu spüren, wozu sie einst gedacht war. Kunst. Da trifft man auf eine Vielzahl von vermeidlichen Künstlern, und aus der Masse des gesamten Spektrums, des ankonditionierten Show - Geschäftes, sticht ein Wesen heraus, hell erleuchtet, wie die Sonne über den Schatten, das mit einem Lächeln die Welt rettet. Ein weiteres goldenes Kind.** So nehme ich es wahr und erfreue mich an dem, was es schreibt. Und was es schreibt, das goldene Kind, entführt die Gefühle, und lässt das Herz pochen, in einer höheren Dimension, die durch ihre Worte angestimmt wird. Sie ist großartig. Sie ist Jagenholz!
Le Moulin
* (Ein früher oft besuchtes Forum) ** (Der für mich gefundene Begriff für einen Menschen, der mit einem Lächeln die Welt rettet!)
Ja, der Hunger treibt manchmal, die Kunst zu verlassen. Das Heraustreten aus dem Augenblick. Und so komme auch ich manchmal...
... zu ALDI!
Ein gestresstes Elternpaar schob sich die ganze Zeit immer wieder in meinen Weg, die Kinder rannten, wie Kinder so sind durch das Geschäft, ein Regal weiter stand ein Gesicht. Das Gesicht dieses Mannes hatte ich schon irgendwo gesehen. Unverkennbar, ausdrucksstark, irgendwie italienisch? Würde ich den aus Ton formen, hätte man behaupten können, ich hätte einen Archäologischen Fund nachgebildet. Er nahm Kartoffelpüree in die Hand, blickte zum nächsten Regal, zog seine Augenbrauen mehrfach hoch und ich wusste wieder, wo ich dieses Gesicht schon einmal gesehen hatte. Er ist ein römischer Legionär aus einem Asterix - Heft.
An der Kasse hatte ich nun wieder diese Familie vor mir. Zwei Kinder rannten weiterhin unkontrolliert durch den Laden, der Vater ging noch einmal weg, da er wohl etwas vergessen hatte. Die Mutter verschwand auch. Was zurückblieb war das Baby, das mich im Einkaufswagen vor mir, neben dem Rollband aus seinem Kindersitz anlächelte. Das Rollband rollte weiter, das Baby nicht und ich sagte zu “es” : “Da stehen wir nun,” worauf das Baby ein rundes Plastikteil rasselnd , dabei lachend herumwirbelte.
Am Eingang zwei ältere Männer, die sich in einem Wettrennen befanden um den ersten Platz am Pfandautomaten. Der eine war schneller , da seine Frau mit einem gekonnten Stellungsspiel aufwartete um den Gegner abzublocken. Siegessicher und mit Schwung schob er sich, den Automaten anvisiert durch das schmale Eingangsrondell, das einem der herumtollenden Jungen dabei (Zitat Herbert Knebel: Mit Schmackes!) gegen den Kopf schlug. Die Mutter rannte sofort herbei, tröstete den Kleinen indem sie ihn auf den Arm nahm, ihre Blicke suchten einen Schuldigen. Vom Pfandautomaten hörte man erklärende Worte, dass doch gar nichts passiert sei, und das Baby und ich blickten uns tief in die Augen und fragten uns, wann es denn endlich weiter ginge. Vor dem großen Fenster stand der Legionär, blätterte in den Prospekten, hielt einen mit zugekniffenen Augen ganz bedeutungsvoll gegen das Licht als hätte er den Brief des Paulus an die Römer in der Hand. Draußen räumten die Eltern ihre Waren und die Kinder in das geparkte Auto und meine Blicke suchten vergebens den Römer auf dem Parkplatz. Ich hätte so gern mal eine Quadriga gesehen...
Man lernt viel beim Einkauf. Inzwischen ist mir klar, aus welchem Topf Uderzo und Coscinny ihre Inspirationen für die Asterix - Bände schöpften. Aus dem großen Topf des ALDI.
Die Kunst, sie formt sich zu dieser Zeit weniger in ein sichtbares Ergebnis als eher in das sonderliche Gefühl, sich mit mir in einem Prozess der Verschmelzung zu befinden. Ein paar philosophische Gedanken haben in mir ein ganzes Erdbeben ausgelöst. So finde ich die letzte Antwort nur, wenn ich die Treppen des Montmartre hinaufeile um von dort den Blick mit dem Turm zu suchen, der seine Gedanken mit dem Nebel der Stadt teilt. Ein Augenblick in der Stadt der Kunst verweilen, ein wenig Wein und ein Gefühl wie auf Renoir´s 'Le Moulin de la Galette'.
Ich lerne, immerwährend um meine Kunst zu verbessern. Meine Lehrerin ist zur Zeit die Philosophie. Sie kam aus dem Nichts, knallte in mein Leben wie eine mit einem Baseballschläger bestückte Muse!
Ich wollte den Kopf vorsichtig aus dem schützenden Versteck heben und stand plötzlich entblößt in der nächsten Stufe der künstlerischen Wahrheit, bewegt und überraschend furchtlos; hatte ich doch Begleitung von einer unerwarteten Sicherheit, die mich trug.
Ein erstes Ergebnis sammelt sich:
Für die Menschheit ist der Nebel ein Nebel, für den Künstler eröffnet sich auch im Nebel die Welt. Und die Verbitterung des Künstlers liegt ursächlich im Fehlen der Schwäche, sich mit den einfachen Dingen des Lebens zufrieden zu geben. Und so wird er zum Philosophen.
Bis vor einiger Zeit glaubte ich, die Ausübung der Kunst liege im Schaffen eines Kunstwerkes. Inzwischen ist mir klar, dass ich die Kunst ausübe indem ich sie lebe. Daher bedarf es auch keiner Erklärung zwischen Künstler und Liebhaber. Wichtiger wäre das gemeinsame Teilen eines Augenblicks in dieser Kunst.
Die Kunst ist nicht zu malen, Geld zu verdienen, Anerkennung zu bekommen. Die Kunst ist Künstler zu sein, und das ganz- heitlich. Alles Weitere ergibt sich erst daraus. Als mir das vor ein paar Jahren ein großer Meister sagen wollte, hatte ich es noch nicht verstanden.
Kunst ist die Philosophie in ihr selbst:
Das Wirken zwischen den Himmeln, ohne Einfluss der Unkunst. Das Leben eines Augenblicks.
Und wie Rilke schrieb:
Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen, die sich über die Dinge zieh ´n. Ich werde den Letzten wohl nicht vollbringen aber versuchen will ich ihn.
Der Weg dort hin ist immerwährend!
Und so drehen die Flügel meiner Mühle weiter, in Gedanken und lassen sie leben, die Kunst, in ihr, in mir. Sie lebt mit mir den Augenblick, bis eines Tages auch meine Räder stehen.
Ah, Ciao Mulino, !!! Che cosa fa l´arte figurativo?
Senti, chi parla, la Coscienza! É merita che se ne parli? Non sono un Artista molto quotato.
No, scherza coi fanti e lascia stare i santi.
Cara Coscienca. Non posso parlare questa Lingua correntemente, so I have to change the language and I hope you will be able to follow my dream.
Si sente che è Inglese!?
Nein, das bin ich natürlich nicht. Aber lassen wir das.
( Übersetzung: Ah, hallo Mulino!!! Was macht die figurative Kunst? Hört, hört, das Gewissen. Ist es wert, dass man darüber spricht? Bin kein angesehener Künstler. Über ernste Dinge scherzt man nicht. Liebes Gewissen, ich spreche diese Sprache (italienisch) nicht fließend, so wechsele ich die Sprache nun (auf englisch) und hoffe, Du kannst meinem Traum folgen. Ah, du bist Engländer? Nein, das bin ich natürlich nicht… )
Gestern habe ich nachgedacht, da wir in der Kunst nunmehr an einem Scheideweg zu dem stehen, was in der letzten Zeit in der Öffentlichkeit geboten wurde und eine neue Richtung erwartet wird. Ich klärte für mich, wie ich den Sprung schaffe, in das Kommende mit einzutauchen, ist es doch ohnehin das, was ich machen wollte, unter Berücksichtigung der Tatsache, nicht einfach kopieren zu wollen. Wie ohnehin in der Kunst üblich findet man seinen Einfluss in den vielen Epochen und ich hoffe, dass meine Verknüpfung dieser mit meinem eigenen, inneren Gedanken zu einem Ergebnis führt, das mich selbst zufrieden stellt (falls das überhaupt geht, denn der eigene Anspruch ist der schlimmste Kritiker meiner selbst.) So bin ich heute morgen nach ersten Entwurfszeichnungen doch sehr zufrieden und zuversichtlich, so dass auch das Gewissen ganz beruhigt sagen kann:
Vor kurzer Zeit bekam ich ein paar klingende Jazz - Rhythmen via Internet zugesandt und seit dem hält es mich fest. Ich erlöste den Bass aus seinem Kerker, brachte ihn nach einer Woche wieder zurück. Aber es lässt mich nicht los. Heute ist er wieder da und morgen kaufe ich einen Verstärker. Die Finger werden auf ´s musikalische Ebenholz - Parkett gebeten um ihre Fertigkeit an den vier Seiten weiter zu entwickeln. Sie werden schweigen und reden, lachen und weinen, ihre Klänge entfalten. Manchmal bewegt ein Fingerzeig Welten. Danke.
Schnell mal in der Stadt gewesen, langsam und genussvoll zwischen der Hektik hindurch über die Fußgängerzone gewandert, die Menschen betrachtet, ein paar Euro ´s unter meinen Stamm - Obdachlosen verteilt und dann ging es in ´s Geschehen der freien Marktwirtschaft. Ein Home - Run der Verkäufer ging auf mich los, sie stürmten im Übereifer ihrer erlernten Techniken, versuchten mit geschicktem Stellungsspiel meine bitter ersparten Euro ´s aus der Tasche zu locken.
Ab zum nächsten Laden. Unterwegs noch dem größten Jazzclub der Stadt und einer Tasse Kaffee einen Besuch abgestattet. Der Musik gelauscht, da trafen mich Blicke zweier Augen, lächelnd über dem Esprit einer intellektuell angehauchten Mode a la Schickeria, jenes kleine doch lange Schwarze dessen Seele nur zu einem weiter entfernten, kalten Bussi - Bussi im Stande ist, was mein Selbstwertgefühl trotzdem erfreute, doch meinen Verstand zu dem Schluss führte, heute wohl die falsche Beklei- dung in Szene gesetzt zu haben. "Hey Femme Fatale, ich hab´ lange Haare und bin verkleidet," dachte ich, zögerte ängstlich dieser Medusa der Jazz - Hölle in die Augen zu blicken und verschwand durch die Hintertür, die jedoch wegen ihres Fehlens nur als imaginär in dieser wahren Geschichte auftauchen kann. Endlich im größten Musikhaus angekommen wurde ich überrascht wie gut die Technik sich in den letzten 14 Jahren entwickelt hat. Für wenig Geld eine Marshall - Combo mit viel Sound ergattert. Und als Ergebnis: Weniger verlernt als ich dachte!
Na ja, ich sitze hier, halte eine langhalsige Schönheit mit schlanker Taille in den Armen und die Stimme, die sie singt entspringt wunderbar schwingenden, tief klingenden Stimmbändern aus Stahl, die gerade meine Fingerkuppen ruinieren. Ich habe mich daran gesetzt den alten Klassiker "How Insensitive" in einer bemerkenswerten Interpretation des Bassisten Chris Fitzgerald einzustudieren. Da der Bass im ersten Teil die Lead - Stimme übernimmt bewege ich mich gerade im für die Finger sehr harten, destruktiven Bereich des 19. Bundes. Das wird sich legen wenn ich wieder in Übung bin. Die Pausen gönne ich mir im LyrIchen Gelb - Grün. Da sinne ich, nachdem ich vernahm, dass einer den ich kenne immer grummelt, nach in der alten Welt erwähnten Syllogismen und komme zu dem Schluss: Ein Mensch der nicht grummelt ist wie eine Haarsprayunterstützte Fönfrisur im Regen - Platt.
Ja Moulin, könntest Du dann nicht mit Deiner Familie eine Band aufmachen?
Das würde ich dann wohl eher nicht als Band bezeichnen, obwohl der Begriff Band doch bis zum Ende der 50ger Jahre gerne auch für Jazz oder Rock & Roll spielende Combo ´s verwendet wurde, heute doch natürlich ganz allgemein für den Zusammenschluss verschiedener Musiker renommierter Musikrichtungen genutzt wird. Doch will ich hier auch nicht unerwähnt lassen, dass sich die Koreanische Regierung schon einmal über die wenig gepflegte deutsche Sprache beklagt hatte und werfe gerne auch mal den kaum noch bekannten, deutschen Begriff Kapelle mit viel Terz in den Raum. Auch Ensemble gefiele mir in Bezug auf ´s kollektive Musizieren, doch handelt es sich ja meinerseits weniger um Klassische Musik, insofern würde auch dieser Begriff ein Wenig in die Irre leiten. Oder ist der klassische Jazz dem Begriff nach schon Klassik? Würde man beim Eintreten einer gewissen Popularität dieser Musikgattung Jazz bis zum Mainstream dann doch eher zur Popgruppe? Auch das spontane Zusammenspielen dreier Musiker ist dann doch eher kein Trio mehr sondern ihres Handelns entsprechend eher eine Session, welche zu dritt gespielt, in dem Fall, das sich noch einer dazu gesellt schnell mal zum Quartett mausern kann und schon Session ´s bekannt wurden in denen sich aus einem spontanen Duo eine ganze Bigband entwickelte. So spiele ich aber doch zunächst nicht mit Anderen sondern nur mit Körper, Geist und Seele, womit sich dann der Begriff Trio wieder (zumindest in mir) manifestiert. In dem Sinne…
Ich wanderte neugierig und leicht gespannt in Erwartung eines Anrufes durch meine Wohnung. Wie würde sie sein, konnte ich sie doch nur aus Beiträgen eines virtuellen Raumes einschätzen, die allerdings schon vermittelten, dass ich da nicht ‘irgend Eine’ treffen würde. Ich ahnte, was da auf mich zukommt. In Detektivischer Neugier setzte ich ihren Namen in die Google Suche und was ich da fand bestätigte mein Bild noch mehr. Ein außergewöhnlicher Mensch, der vor nichts Angst haben würde.
Oh weh, Moulin, Du hast Dich doch nicht gefürchtet???
Nicht wirklich gefürchtet. Ich hatte nur so ein kribbeln, das ich dann habe, wenn ich auf eine Situation zugehe, die ich noch nicht kenne. Dann kam aber ein Satz von einer guten Fee, die gerade online war, der mich in diesem Moment beruhigte: (...Mach Dir keine Gedanken... Einfach man selbst sein und neugierig auf das Gegenüber...)
Und so fuhr ich los mit einem Gefühl von Neugier, kam mir vor wie ein junger Journalistik - Praktikant der zu seinem ersten Promi Interview fährt. Ich stellte den Wagen auf den Parkplatz und traf sie vor dem Portal des Hotel ´s wo sie mich freundlich, vertraut begrüßend erwartet hatte. Ich begleitete sie in die Hotel - Lounge wo wir uns auf zwei Clubsesseln der moderneren, pappigen Art niederließen und begannen unser Gespräch im Wissen, dass wir durch die Grenzen unserer persönlichen Termine nur knapp eine Stunde Zeit haben würden. Die Ausdruckskraft ihrer strahlenden Augen untermalten in Harmonie das, was sie sagte. Nun war ich sicher. Sie ist ein Ausnahmemensch. Eine von den Wenigen, die die Zeichen ihrer Zeit erkannt und genutzt hatten um etwas zu bewegen. Sie ist eine von denen, die eine ganze Gesellschaft durch ihr Zutun mitprägte und Wege für Dinge schuf, bewusst und unbewusst, für sich und die Welt in der wir leben die für die heutige Generationen selbstverständlich sind. Der kleine Moulin saß dort neben einem Stück menschlicher Zeitgeschichte. Eine Epoche, die auch meine war, wurde ich doch in diese Zeit des Gesellschaftlichen Umbruchs hineingeboren, habe davon profitiert und weiß das heute mehr als zu schätzen.
Und dafür liebe arisia, spielt Dir nun der DJ Mr. Mill ein Lied, das diesen Augenblick in sich trägt.
(Hier war das Lied ‚San Francisco Night ´s‘ von den Animals eingefügt)